Psychotherapie & Paartherapie Wels

Angst - Depression - Burnout – Schlafprobleme

Mag. Jürgen Illmayer

Wie lebe ich meine Stärken?

„Kennen Sie ihren Kompetenzkreis und bleiben Sie darin. (…)Was innerhalb des Kreises liegt, beherrscht man mit Meisterschaft. Was außerhalb liegt, versteht man nicht, oder nur zum Teil.“
Dobelli, 2019

Anhand von Warren Buffet, Steve Jobs und Bill Gates erklärt Rolf Dobelli, dass eben jeder, der sich mit Begeisterung und Leidenschaft abertausende Stunden einer Sache widmet, gute Chancen hat, erfolgreich zu werden.

Es braucht also viel Zeit und Begeisterung, Fleiß und Durchhaltevermögen.

Aber wie komme ich zu meinem Kompetenzkreis?

Die wenigsten wussten schon in Jugendjahren, dass sie Investor oder Programmierer werden wollen. Viele von uns vernehmen zwar das eine oder andere Talent, im Freundeskreis ist man etwa der beste Tennisspieler oder gilt als besonders kreativ, aber im Vergleich mit Profis? Sofort meldet sich der Zweifel und die Selbst-Zuschreibung von Meisterschaft rückt in weite Ferne.
Fast wie ein Reflex, blitzschnell, unbewusst oder zumindest nicht willkürlich, hält mich der Zweifel auf Distanz. Auf Distanz wovon eigentlich?

Vielleicht hat es etwas mit dem Wort Meisterschaft zu tun? Wer definiert den Grad der Meisterschaft? Ist es eine Frage von Zertifikaten? Ausbildungen? Ist es eine Frage von monetärem Erfolg? Oder geht es vor allem um die Anerkennung von anderen Experten, anderen relevanten Personen?

Da es um den eigenen Kompetenzkreis geht, schlage ich vor, einen Suchprozess bei sich selbst zu initiieren. Was kann ich (besonders) gut?

Ok – was kann ich gut und worin habe ich bereits Meisterschaft erlangt, scheint auf den ersten Blick weit auseinander zu liegen, aber wir wollen uns der Materie behutsam und annehmbar widmen, um nicht sofort wieder mit dem Zweifel kämpfen zu müssen.

Also – was kann ich und was sind meine Stärken?

Idealerweise durchforsten Sie dabei zumindest die drei Kontexte Arbeit, Partnerschaft/Familie und Freunde/Sozialkontakte.

Was sind meine beruflichen Stärken? Welche Fähigkeiten bringe ich mit, die mich wesentlich von anderen unterscheiden? Und nein, die Fähigkeitssuche endet nicht mit: ich habe BWL studiert und arbeite seit 5 Jahren in der Firma X auf der Position Y. Wir wollen weitere Stärken sichtbar machen, welche bisher vielleicht eher als „nicht nennenswert, oder selbstverständlich“ abgetan wurden. Umso präziser und klarer Sie den Kontext beleuchten, umso mehr Stärken werden ans Tageslicht kommen.

Was sind also meine besonderen Fähigkeiten in meinem Job? Habe ich zumeist den Blick für das große Ganze? Ist es mein Organisationstalent? Kann ich mein Team gut leiten oder liegt meine Stärke eher darin, aus der zweiten Reihe wertvolle Impulse zu setzen? Ist das fokussierte Arbeiten meine Stärke oder ist es der immer wiederkehrende Sieg gegen die Dead-Line, auf den Sie sich verlassen können? Angenommen, Ihre KollegInnen würden Sie und Ihre Fähigkeiten beschreiben – welche besonderen Fertigkeiten würde man Ihnen zusprechen?

Die Suche nach den eigenen Stärken wirkt zunächst vielleicht befremdlich. Über sich selbst so viel Gutes zu denken, geschweige denn gut über sich selbst zu reden, aber keine Sorge, Sie werden deshalb nicht gleich zum Narzissten, nur weil Sie sich Ihre Stärken bewusst machen.

Eventuell befinden Sie sich aktuell in einer Phase der beruflichen Neuorientierung, demnach ist Ihnen die Frage nach der Arbeit und den Kollegen nicht besonders angenehm, oder löst sogar eher negative Erinnerungen aus. In diesem Fall würde ich Sie einladen, sich an die letzte berufliche Station zu erinnern, bei welcher Sie das Gefühl hatten, in Ihren Fähigkeiten gesehen worden zu sein. Wie haben Sie sich damals gefühlt? Welche Ihrer Stärken konnten Sie damals ohne große Kraftanstrengung leben? Welche besonderen Qualitäten hätten Ihnen die Kollegen von damals attestiert?

Ziel unserer kleinen Übung ist, eine erste Idee zu entwickeln, wie wir uns unserem Kompetenzkreis annähern können. Je mehr Kontexte Sie nach Stärken durchforsten und aus umso mehr Perspektiven Sie sich auf die Suche begeben, desto wahrscheinlicher werden sich weitere Stärken zeigen und sich Ihre Selbsterzählung zum Positiven hin verändern.

Man muss kein Genie, kein absoluter Meister in einem Gebiet sein, um die Idee des Kompetenzkreises für sich nutzbar zu machen.

Sie können jetzt damit beginnen, gezielt nach Ihren Stärken Ausschau zu halten.

In der Regel fühlen Sie sich gut, wenn Sie sich innerhalb Ihrer Stärken bewegen – also kann Ihnen die Frage „Was mache ich gern, worin liegt meine Leidenschaft?“ als zuverlässiger Wegweiser dienen, weitere Stärken zu identifizieren.

Folglich würde ich das Eingangsstatement von Dobelli: „Kennen Sie Ihren Kompetenzkreis und bleiben Sie darin.“ umformulieren in „Kennen Sie Ihre Stärken und orientieren Sie sich an dem, was Sie gut können und gern tun.“
Fähigkeiten sind zwar nicht beliebig verschiebbar, aber in Bezug auf das Vertrauen in Ihre Stärken und Qualitäten und der zunehmend positiveren Selbsterzählung wird sich mit jeder bewusst benannten und erlebten positiven Zuschreibung Ihr Kompetenzerleben weiten und damit Ihr Selbstvertrauen anwachsen.

Diese Gedanken sollen Ihnen eine erste Idee vermitteln, wie Sie sich Ihren Kompetenzkreis erarbeiten können. Für vertiefende Gespräche stehe ich Ihnen gern in meiner psychotherapeutischen Praxis in Wels zur Verfügung. Ich freue mich auf anregende Gespräche mit Ihnen.